Was ist ein Wärmedämmverbundsystem (WDVS)?
Ein Wärmedämmverbundsystem ist eine mehrschichtige Außenwanddämmung, die aus Dämmplatten, Kleber, Armierungsgewebe und Putz besteht und direkt an die Außenwand des Hauses angebracht wird. Es ist keine einfache Isolierung - es ist ein komplettes System, das als Einheit geplant, installiert und geprüft wird. Jede Komponente muss vom selben Hersteller stammen und genau so verbaut werden, wie in der bauaufsichtlichen Zulassung vorgeschrieben. Wer das ignoriert, riskiert Feuchtigkeit, Schimmel oder sogar Abplatzungen. Seit 2025 ist die Nachrüstung mit WDVS in Österreich und Deutschland fast immer Pflicht, wenn mehr als zehn Prozent des Außenputzes erneuert werden. Das Gebäudeenergiegesetz (GEG) hat das klar geregelt.
Wie ist ein WDVS aufgebaut?
Ein WDVS hat vier Schichten - und jede hat ihre Aufgabe. Die erste Schicht ist die Befestigung: Die Dämmplatten werden entweder geklebt, geklebt und gedübelt oder mechanisch befestigt. Bei alten Mauerwerken mit ungleichmäßigen Oberflächen ist Kleben allein oft nicht ausreichend. Die zweite Schicht ist der Dämmstoff - das Herzstück. Hier entscheidet sich, wie gut das Haus später isoliert ist. Darauf kommt dann die Armierungsschicht: ein spezieller Mörtel mit Glasfasergewebe, der die Dämmplatte stabilisiert und Risse verhindert. Die letzte Schicht ist der Außenputz, der das System vor Wetter, UV-Strahlung und mechanischer Belastung schützt. Manchmal kommt noch ein Egalisierungsanstrich dazwischen, um Unebenheiten auszugleichen. Alles zusammen ergibt eine dichte, witterungsbeständige Hülle, die das Haus von außen umhüllt.
Welche Dämmstoffe gibt es - und welcher ist der beste?
Nicht alle WDVS sind gleich. Die Wahl des Dämmstoffes bestimmt nicht nur die Kosten, sondern auch die Sicherheit und Langlebigkeit. Die drei Haupttypen sind:
- Mineralwolle: Beste Brandschutzeigenschaften, hervorragende Feuchtigkeitsregulierung, umweltfreundlich. Wärmeleitfähigkeit: 0,035-0,045 W/mK. Ideal für Altbauten mit kapillar leitfähigen Wänden.
- EPS (Polystyrol): Günstig, leicht zu verarbeiten, sehr gute Wärmedämmung mit λ-Wert von 0,032-0,040 W/mK. Aber: brennbar, bei Feuchtigkeit kann es sich verformen. Nicht für Holzrahmenhäuser mit hoher Luftdichtheit empfohlen.
- Naturdämmstoffe: Holzfasern, Hanf, Kork oder Kokos. Hohe Umweltverträglichkeit, gute Schalldämmung, aber teurer. λ-Wert liegt bei 0,040-0,050 W/mK. Beliebt bei Öko-Bauherren, aber nur bei fachgerechter Dampfbremse einsetzbar.
Experten wie der Verband der Putz- und Mauerwerkschutzfachbetriebe (VDPM) empfehlen heute Mineralwolle als erste Wahl - besonders in Altbauten. Warum? Weil sie Feuchtigkeit aufnimmt, speichert und wieder abgibt, ohne zu schädigen. EPS hingegen blockiert die Feuchtigkeit - und das kann in alten Ziegelwänden zu Schimmel führen, wenn die Wand nicht richtig getrocknet ist.
Kosten: Was kostet eine WDVS-Fassade wirklich?
Die Kosten für ein WDVS liegen zwischen 40 und 80 Euro pro Quadratmeter - aber das ist nur die halbe Wahrheit. Die Preise beinhalten Material und Arbeit, aber nicht Gerüst oder Entsorgung. Für ein Einfamilienhaus mit 150 Quadratmeter Fassadenfläche rechnet man mit:
- EPS-System: 40-55 €/m² → Gesamt: 6.000-8.250 €
- Mineralwolle-System: 50-65 €/m² → Gesamt: 7.500-9.750 €
- Naturdämmstoff-System: 60-80 €/m² → Gesamt: 9.000-12.000 €
Das Gerüst kostet extra: 1.500 bis 3.000 Euro, je nach Hausgröße und Zugänglichkeit. Die Entsorgung des alten Putzes liegt bei 500-1.500 Euro. Dazu kommen eventuell Kosten für Fensterabstände, Dämmung von Anschlussflächen oder Sanierung von feuchten Wänden - das kann schnell 2.000 Euro mehr ausmachen. Die Deutsche Energie-Agentur (dena) sagt: WDVS machen bis zu 20 % der Gesamtsanierungskosten aus, sparen aber bis zu 30 % der Heizkosten. Das lohnt sich langfristig.
Wie lange hält ein WDVS?
Hersteller versprechen 25 bis 50 Jahre Lebensdauer - aber das ist nur die Theorie. Die Realität sieht anders aus. Eine Studie von Professor Dr. Markus Hitzelberger (TU München, 2022) zeigt: Bis zu 40 % der WDVS aus den 80er und 90er Jahren haben heute Mängel. Warum? Weil sie nicht fachgerecht installiert wurden. Schlechte Klebung, fehlende Dübel, unzureichende Armierung - das führt zu Rissen, Feuchtigkeitseintritt und Schimmel. Wer ein WDVS richtig installieren lässt, kann mit 50 Jahren rechnen. Die Deutsche Gesellschaft für Schadenfreie Bauweise (DGSB) bestätigt: Bei korrekter Ausführung und regelmäßiger Kontrolle hält ein WDVS mindestens 50 Jahre. Die Putzoberfläche muss allerdings alle 15-20 Jahre erneuert werden - das ist keine Reparatur, sondern normale Pflege. Ein neuer Anstrich kostet nur ein Zehntel der Erstinstallation.
Warum ist die Installation so entscheidend?
Ein WDVS ist wie ein Auto: Selbst das beste Modell fährt nicht, wenn es falsch montiert ist. 70 % der WDVS-Projekte in Österreich und Deutschland werden von spezialisierten Fassadenbau-Unternehmen durchgeführt. Die restlichen 30 % von Maler- oder Putzbetrieben - aber nur, wenn sie eine Zusatzausbildung haben. Wer einen normalen Maler nimmt, der noch nie ein WDVS verlegt hat, riskiert teure Schäden. Die KfW-Bank zahlt Fördergelder nur, wenn ein zertifizierter Fachbetrieb arbeitet. Und das ist nicht nur ein Formalität: Eine falsche Installation führt zu Wärmebrücken - das sind Stellen, an denen Wärme entweicht. Das kann bis zu 20 % der eingesparten Energie wieder zunichte machen. Auch die Feuchtigkeit spielt eine Rolle: Wenn die Dampfbremse nicht richtig geplant ist, kondensiert Luft in der Wand. Das führt zu Schimmel - und das ist nicht nur gesundheitsschädlich, sondern auch extrem teuer zu beheben.
Was ändert sich 2025 und 2026?
Der Markt für WDVS wächst - und zwar schnell. Der Bundesverband Wärmedämm-Systeme (BVWS) schätzt den jährlichen Umsatz in Deutschland auf 1,8 Milliarden Euro. Die Nachfrage nach mineralischen Systemen ist von 35 % im Jahr 2020 auf 48 % im Jahr 2023 gestiegen. Warum? Weil die Gesetze schärfer werden. Ab 2026 müssen Neubauten fast klimaneutral sein - das heißt: extrem gut gedämmt. Die EU-Gebäuderichtlinie (EPBD) treibt das an. Außerdem gibt es neue Förderungen: Die KfW zahlt seit Januar 2024 bis zu 25 % der Kosten, wenn die Dämmstärke mindestens 20 cm beträgt. Und es gibt Innovationen: Sto AG hat im März 2024 ein WDVS mit integrierter Photovoltaik vorgestellt - die Fassade erzeugt Strom. Das Fraunhofer-Institut arbeitet an "intelligenten" Systemen, die sich an Wetteränderungen anpassen. Die Zukunft von WDVS ist nicht nur dicker - sie ist auch smarter.
Was tun, wenn das Haus schon ein WDVS hat?
Wenn Ihr Haus vor 2010 gedämmt wurde, sollten Sie die Fassade prüfen lassen. Sind Risse breiter als 1 mm? Ist der Putz porös oder blättert er ab? Gibt es dunkle Stellen unter den Fenstern? Das sind Warnsignale. Ein Sachverständiger kann mit einer Wärmebildkamera Wärmebrücken aufspüren. Ein einfacher Test: Bei kaltem Wetter, wenn die Heizung läuft, halten Sie Ihre Hand an die Außenwand - wenn sie kälter ist als die Luft im Raum, entweicht Wärme. In solchen Fällen lohnt sich eine Sanierung - nicht nur aus Energiegründen, sondern auch wegen der Wertsteigerung. Ein gut gedämmtes Haus ist heute 15-20 % wertvoller als ein ungedämmtes.
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Personenkommentare
Das ist der klügste Beitrag über WDVS, den ich je gelesen habe. Endlich mal jemand, der nicht nur von "Dämmung" schwafelt, sondern wirklich versteht, wie die Schichten zusammenwirken. Besonders die Warnung vor EPS in alten Ziegelwänden – das sollte jeder wissen, der denkt, billig ist immer besser.