Die Teilungserklärung ist die Geburtsurkunde Ihrer Eigentumswohnung. Sie bestimmt, wer was besitzt: Welche Räume gehören zu Ihrer Wohnung, welcher Teil des Hauses ist gemeinsames Eigentum aller, und wie viel jeder Eigentümer an den Kosten und Nutzen beteiligt ist. Ändern? Das geht nicht einfach so. Wer hier etwas verändern will - sei es ein Kellerabteil tauschen, eine Garage in Wohnraum verwandeln oder die Kostenverteilung neu regeln - muss die Zustimmung aller Eigentümer einholen. Keine Ausnahme. Kein Mehrheitsbeschluss. Kein „wir machen das trotzdem“.
Warum braucht man die Zustimmung aller?
Die Teilungserklärung ist kein gewöhnlicher Vertrag. Sie ist ein rechtlich bindendes Dokument, das im Grundbuch eingetragen ist. Jeder, der eine Wohnung in diesem Haus kauft, kauft auch diese Regelung mit. Änderungen beeinflussen nicht nur Ihre Rechte, sondern die aller anderen. Wenn Sie zum Beispiel einen gemeinsamen Flur in Ihr Sondereigentum umwandeln, nehmen Sie anderen Eigentümern etwas weg - auch wenn sie es nie genutzt haben. Oder wenn Sie die Miteigentumsanteile verändern, ändert sich, wie viel jeder zahlt: für Heizung, Reparaturen, Versicherung. Das ist kein kleiner Schnitt - das ist eine Neuaufteilung des gesamten Eigentums.Der Gesetzgeber hat das bewusst so gemacht. Denn in einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) funktioniert alles nur, wenn jeder weiß, woran er ist. Ein einziger Eigentümer, der sich nicht einverstanden erklärt, kann den Prozess stoppen. Das ist kein Nachteil - das ist Schutz. Für Sie, für Ihre Nachbarn, für den Wert Ihrer Immobilie.
Was genau braucht die Zustimmung aller?
Nicht jede Änderung ist gleich schwer. Aber die großen Änderungen - die, die wirklich zählen - brauchen immer Einigkeit.- Umwandlung von Gemeinschaftseigentum in Sondereigentum: Ein Dachboden, ein Keller, ein Parkplatz - wenn der mal Ihrer Wohnung zugeordnet werden soll, brauchen Sie alle Unterschriften.
- Umwandlung von Sondereigentum in Gemeinschaftseigentum: Sie wollen Ihr eigenes Balkonkasten in einen gemeinsamen Blumenkasten verwandeln? Auch hier: alle müssen zustimmen.
- Änderung der Miteigentumsanteile: Jede Wohnung hat einen Anteil, der die Kostenverteilung bestimmt. Wenn Sie diesen ändern - etwa weil Sie eine größere Wohnung bekommen - brauchen Sie die Zustimmung aller. Keine Ausnahme. Selbst wenn alle anderen einverstanden sind, wenn einer sagt „nein“, bleibt alles beim Alten.
- Änderung der Nutzungsvorschriften: Wenn Sie zum Beispiel erlauben wollen, dass ein ehemaliges Gewerberaum jetzt als Wohnung genutzt wird, brauchen Sie die Zustimmung aller. Die Teilungserklärung legt fest, was wo erlaubt ist. Das ist kein „wir machen das mal ausprobiert“-Thema.
Was hingegen nicht die Zustimmung aller braucht? Kleine, praktische Tauschvereinbarungen - etwa zwei Nachbarn tauschen ihre Kellerabteile. Solange das nicht in der Teilungserklärung steht, sondern nur intern geregelt wird, reicht ein schriftlicher Vertrag zwischen den Beteiligten. Aber Achtung: Wenn Sie später verkaufen, muss das auch im Kaufvertrag stehen. Sonst hat der neue Käufer kein Recht auf das Kellerabteil. Die Teilungserklärung bleibt die einzige offizielle Quelle.
Wie funktioniert der Prozess Schritt für Schritt?
Es gibt keinen Weg um den Aufwand herum. Aber es gibt einen klaren Weg, der funktioniert.- Prüfen Sie, ob eine Änderung nötig ist. Fragt sich: Was will ich wirklich erreichen? Ist es eine bauliche Veränderung? Ein neuer Nutzen? Eine Kostenverteilung, die nicht mehr passt? Schreiben Sie es auf. Machen Sie sich klar: Was ändert sich für wen?
- Holen Sie die Unterlagen. Die Teilungserklärung liegt bei Ihrer Hausverwaltung. Fordern Sie eine Kopie an. Lesen Sie sie genau. Was steht da? Wo steht, was wie verteilt ist? Wenn Sie unsicher sind: Ein Fachanwalt für Wohnungseigentum hilft hier schneller als eine halbe Stunde googeln.
- Beraten Sie sich mit einem Notar oder Anwalt. Das ist kein Luxus, das ist Pflicht. Ein Notar prüft, ob Ihre Änderung rechtlich machbar ist. Er sagt Ihnen: „Das geht nicht.“ Oder: „Das geht, aber so muss es formuliert werden.“ Ohne diese Prüfung laufen Sie Gefahr, dass der Beschluss später ungültig ist. Und dann haben Sie Zeit, Geld und Nerven verbrannt.
- Einberufen Sie die Eigentümerversammlung. Die Einberufung muss schriftlich erfolgen, mindestens zwei Wochen vorher. Der Tagesordnungspunkt muss klar lauten: „Änderung der Teilungserklärung“. Keine versteckten Formulierungen. Kein „Verschiedenes“. Die Versammlung muss ordnungsgemäß durchgeführt werden. Protokoll schreiben. Unterschriften sammeln.
- Alle müssen zustimmen - und unterschreiben. Das ist der entscheidende Punkt. Ein einziger Nein-Stimme reicht, um alles zu stoppen. Kein „wir machen das trotzdem“. Kein „er hat doch nichts dagegen“. Wenn jemand nicht da ist, muss er schriftlich zustimmen. Wenn er nicht zustimmt, ist der Prozess gescheitert - bis auf eine Ausnahme: die gerichtliche Änderung.
- Notarielle Beurkundung. Der Notar stellt den Änderungsvertrag auf. Er prüft erneut, ob alle zustimmen. Er prüft, ob die Gläubiger (z. B. Banken mit Grundschulden) ebenfalls zustimmen. Ohne ihre Zustimmung geht es nicht. Die Bank hat ein Recht darauf, zu wissen, ob ihr Sicherheiten verändert werden.
- Eintragung ins Grundbuch. Erst wenn der Notar den Antrag gestellt hat und das Grundbuchamt den Eintrag vorgenommen hat, ist die Änderung rechtskräftig. Bis dahin bleibt alles beim Alten.
Was kostet das?
Es ist teuer. Aber es ist notwendig. Hier eine grobe Übersicht:- Notarkosten: 500 bis 1.500 € - je nach Komplexität.
- Grundbuchkosten: 200 bis 500 € - für die Eintragung.
- Rechtliche Beratung: 250 bis 1.000 € - für den Anwalt, der die Änderung prüft.
- Abgeschlossenheitsbescheinigung: 100 bis 300 € - wenn bauliche Veränderungen nötig sind.
- Architekt oder Ingenieur: ab 500 € - für Pläne, wenn etwas gebaut wird.
Das sind leicht 2.000 bis 3.000 €. Aber denken Sie daran: Eine fehlgeschlagene Änderung kostet noch mehr. Zeit. Nerven. Rechtsstreit. Und am Ende haben Sie trotzdem nichts.
Was passiert, wenn jemand nicht zustimmt?
Dann ist Schluss. Oder fast.Es gibt eine letzte Möglichkeit: die gerichtliche Änderung. Aber das ist kein einfacher Weg. Sie müssen alle Eigentümer, die sich wehren, vor Gericht verklagen. Und Sie müssen nachweisen: Die aktuelle Regelung ist für Sie oder einen anderen Eigentümer grob unbillig. Nicht unpraktisch. Nicht unbequem. Nicht teuer. Grob unbillig.
Beispiel: Ein Eigentümer hat eine Wohnung im Erdgeschoss. Die Teilungserklärung verbietet es, dort einen Aufzug einzubauen. Aber die Wohnung ist barrierefrei nötig - der Eigentümer ist schwer behindert. Die Kosten für einen Umzug wären höher als die des Aufzugs. Hier könnte ein Gericht zustimmen. Aber nur, wenn es wirklich eine unzumutbare Härte gibt. Ein einfacher Wunsch nach mehr Licht oder einem größeren Balkon reicht nicht. Der Bundesgerichtshof hat das 2023 klar gesagt: Wirtschaftliche Vorteile zählen nicht. Nur konkrete, persönliche Härten.
Und selbst dann: 87 % der gerichtlichen Anträge scheitern. Die Erfolgsquote bei Einvernehmlichkeit liegt bei 92 %. Das sagt alles.
Wie erhöhen Sie die Chancen auf Zustimmung?
Es geht nicht nur ums Recht. Es geht um Menschen.- Sprechen Sie früh mit jedem Eigentümer. Nicht erst bei der Versammlung. Sprechen Sie privat. Hören Sie zu. Was sind ihre Bedenken? Angst vor höheren Kosten? Sorge um den Wert der Wohnung? Verständnis für ihre Sichtweise ist der erste Schritt.
- Zeigen Sie Zahlen. Eine Kosten-Nutzen-Analyse von einem unabhängigen Gutachter kann Wunder bewirken. Zeigen Sie: Die Sanierung spart langfristig 500 € im Jahr an Heizkosten. Der Aufwand lohnt sich. Das beruhigt.
- Seien Sie transparent. Alle Unterlagen offenlegen. Alle Kosten benennen. Keine versteckten Posten. Vertrauen entsteht durch Offenheit.
- Arbeiten Sie mit der Hausverwaltung zusammen. Sie ist die neutrale Instanz. Sie organisiert, dokumentiert, kommuniziert. Nutzen Sie sie.
Ein Fall aus der Praxis: Eine WEG wollte eine energetische Sanierung durchführen. Ein Eigentümer lehnte ab - er fürchtete höhere Kosten. Die Hausverwaltung ließ ein Gutachten erstellen: Die Sanierung würde die Heizkosten um 40 % senken. Der Eigentümer bekam eine individuelle Kostenaufschlüsselung, die zeigte: Er zahlt weniger als zuvor. Er stimmte zu. Die Sanierung wurde umgesetzt. Alle gewannen.
Was kommt in Zukunft?
Ab 2026 wird das Gebäudeenergiegesetz (GEG) verschärfen. Mehr Sanierungen werden Pflicht. Aber die Zustimmung aller bleibt Voraussetzung. Experten wie Prof. Dr. Klaus Strohe prognostizieren, dass die Gesetze sich anpassen werden - vielleicht wird es für energetische Maßnahmen künftig eine vereinfachte Zustimmung geben. Aber bis dahin: Alles bleibt, wie es ist.Die Zukunft der Wohnungseigentümergemeinschaften wird nicht von Gesetzen, sondern von Kommunikation bestimmt. Wer versteht, wer Angst hat, wer zahlen muss - der bekommt Zustimmung. Wer nur seine eigene Sicht durchsetzen will - der bleibt allein.
Kann ich die Teilungserklärung ohne Zustimmung aller Eigentümer ändern?
Nein. Für jede Änderung, die das Sondereigentum, das Gemeinschaftseigentum oder die Miteigentumsanteile betrifft, ist die Zustimmung aller Eigentümer zwingend erforderlich. Auch wenn nur ein einziger Eigentümer widerspricht, ist die Änderung rechtlich nicht möglich - es sei denn, Sie ziehen vor Gericht. Und selbst dort ist der Erfolg extrem unwahrscheinlich.
Was kostet eine Änderung der Teilungserklärung?
Die Gesamtkosten liegen typischerweise zwischen 2.000 und 3.000 Euro. Dazu gehören Notarkosten (500-1.500 €), Grundbuchkosten (200-500 €), rechtliche Beratung (250-1.000 €) und gegebenenfalls Abgeschlossenheitsbescheinigung oder Gutachten (100-500 €). Die genauen Kosten hängen von der Komplexität der Änderung ab.
Was passiert, wenn ich eine Änderung ohne Zustimmung durchführe?
Sie handeln rechtswidrig. Die Änderung ist nichtig. Andere Eigentümer können Sie vor Gericht verklagen und verlangen, dass alles zurückgesetzt wird. Sie müssen eventuell sogar Schadensersatz zahlen. Außerdem kann der Verkauf Ihrer Wohnung blockiert werden, weil das Grundbuch nicht mit der Realität übereinstimmt.
Brauche ich einen Notar, wenn ich nur ein Kellerabteil tausche?
Nein, wenn es nur ein privater Tausch zwischen zwei Eigentümern ist und nicht in die Teilungserklärung eingetragen wird. Aber: Diese Vereinbarung muss schriftlich festgehalten werden und bei einem späteren Verkauf offen gelegt werden. Andernfalls hat der neue Käufer keinen Anspruch auf das Kellerabteil - denn die Teilungserklärung bleibt die einzige offizielle Quelle.
Können Mietverhältnisse die Zustimmung beeinflussen?
Nein. Mietverhältnisse haben keinen Einfluss auf die Zustimmungspflicht. Nur die Wohnungseigentümer selbst müssen zustimmen. Mieter können zwar ihre Meinung äußern, aber sie haben kein Stimmrecht. Die Entscheidung liegt ausschließlich bei den Eigentümern.
Warum brauchen Gläubiger (z. B. Banken) ihre Zustimmung?
Weil die Teilungserklärung das Grundstück und die Wohnung als Sicherheit für eine Grundschuld definiert. Wenn sich die Verteilung des Eigentums ändert, ändert sich auch die Sicherheit. Die Bank muss daher zustimmen, dass ihre Rechte nicht beeinträchtigt werden. Ohne ihre Zustimmung kann der Notar die Änderung nicht beurkunden.