Sanitärinstallation im Badumbau: Leitungsführung und Brandschutz richtig planen

Beim Badumbau denken die meisten an neue Fliesen, eine moderne Dusche oder einen neuen Waschtisch. Doch was passiert hinter den Wänden und unter der Decke? Hier entscheidet sich, ob das Bad sicher ist - oder ein potenzielles Brandrisiko wird. Die Leitungsführung für Wasser, Abwasser und Heizung muss nicht nur funktionieren, sie muss auch im Brandfall die Ausbreitung von Feuer und Rauch stoppen. Das ist kein Bonus, sondern Pflicht. Und viele machen es falsch - mit teuren Folgen.

Warum Brandschutz im Bad so wichtig ist

Ein Bad ist kein gewöhnlicher Raum. Hier laufen Rohre durch Wände und Decken, die als Brandabschnitte gelten. Diese Bauteile sollen im Brandfall mindestens 30, 60 oder 90 Minuten lang Feuer und Rauch aufhalten - je nach Gebäudeklasse. Doch wenn ein Abwasserrohr aus PVC durch eine brandhemmende Decke führt und nicht richtig abgedichtet ist, wird aus einem Feuerschutz ein Rauch- und Flammenkanal.

Laut dem Schadenskatalog der Deutschen Gesellschaft für Schäden an Gebäuden (DGSG) waren 32 Prozent der Brände in Mehrfamilienhäusern auf fehlerhafte Rohrdurchführungen im Bad zurückzuführen. Das ist kein Zufall. Kunststoffrohre schmelzen bei Temperaturen von nur 100-150 °C. Im Brandfall dehnen sie sich bis zu 5 Prozent aus - das reißt Dichtungen auf, bevor die Wand überhaupt heiß wird. Metallrohre leiten Wärme weiter und können die Umgebung zum Entzünden bringen. Und wenn zwischen Rohr und Wand ein Hohlraum bleibt? Dann fließt Rauch wie durch ein Rohr - oft unbemerkt, bis es zu spät ist.

Die Lösung? Nicht einfach mit Baumwolle oder Schaumstoff stopfen. Das ist illegal und gefährlich. Richtig abzudichten erfordert spezielle Materialien und Systeme, die nach DIN 4102 geprüft und zugelassen sind.

Was die Gesetze verlangen: MLAR und MBO

Die Grundlage ist die Musterbauordnung (MBO), speziell § 40 Absatz 1. Sie verbietet es, Leitungen durch feuerwiderstandsfähige Bauteile zu führen, wenn keine Sicherung vorhanden ist. Die konkreten Regeln kommen von der Muster-Leitungsanlagen-Richtlinie (MLAR), veröffentlicht vom Deutschen Institut für Bautechnik (DIBt) im Jahr 2016. Diese Richtlinie ist der Maßstab für jede Sanitärinstallation im Renovierungsfall.

Die MLAR unterscheidet zwischen zwei Fällen:

  • Kleine Durchführungen (bis 50 mm Durchmesser): Hier dürfen aufschäumende Dichtmassen verwendet werden - aber nur, wenn sie als brandschutzgeprüft zertifiziert sind. Diese Massen dehnen sich im Brandfall aus und verschließen den Hohlraum wie ein Korken.
  • Große Durchführungen (über 50 mm): Hier braucht es Brandschutzkragen oder -hülsen. Das sind vorgefertigte, formstabile Systeme aus mineralischen oder keramischen Materialien, die eine Feuerwiderstandsdauer von 60 oder 90 Minuten garantieren.
Wichtig: Auch bei Metallrohren ist eine Abschottung nötig. Denn selbst Stahlrohre können bei 600 °C so heiß werden, dass sie Holz oder Dämmstoffe entzünden. Der Abstand zwischen Rohr und Wand muss vollständig mit nicht brennbarem Material ausgefüllt sein - Mineralfasern mit einer Schmelztemperatur von mindestens 1.000 °C sind hier Standard.

Technische Zeichnung von brandschutzkonformen Rohrdurchführungen mit mineralischen Dichtungen und Kragen.

Typische Fehler - und wie du sie vermeidest

Die Praxis zeigt: Die meisten Probleme entstehen nicht durch Unwissen, sondern durch Nachlässigkeit oder mangelnde Zugänglichkeit.

  • Fehler 1: Nicht geprüfte Dichtmassen - 45 Prozent aller Fehler kommen von Baumarkt-Schaum oder Silikon, das nicht für Brandschutz zugelassen ist. Die Folge: Das Bauamt beanstandet die Installation - und du musst die Wand aufschneiden. Kosten: bis zu 320 Euro pro Durchführung.
  • Fehler 2: Zu großer Abstand - Wenn das Rohr zu weit von der Wand entfernt ist, reicht eine Dichtmasse nicht mehr aus. Der Hohlraum muss vollständig ausgefüllt sein. Ein Abstand von mehr als 50 mm verlangt eine andere Lösung - oft einen Kragen.
  • Fehler 3: Keine Körperschallentkopplung - Wer nur an Brandschutz denkt, vergisst oft den Lärm. Rohre, die direkt mit der Decke verbunden sind, übertragen Geräusche wie ein Gong. Lösung: Dämpfungsmanschetten oder elastische Lagerungen einbauen - das ist Teil der MLAR.
  • Fehler 4: Keine Dokumentation - Jede Abschottung muss mit einem Prüfzeichen gekennzeichnet sein. Die Unterlagen müssen 30 Jahre aufbewahrt werden. Wer das ignoriert, riskiert bei Verkauf oder Versicherung Probleme.
Ein Installateurmeister aus Salzburg berichtet: „Bei 7 von 10 Badumbauten muss ich die Deckenverkleidung aufschneiden, um die Abschottung nachträglich einzubauen. Das kostet mindestens 150 Euro pro Stelle - und das hätte man vorher vermeiden können.“

Was funktioniert? Praktische Lösungen für Renovierungen

Im Neubau ist alles planbar. Im Badumbau ist es eine Herausforderung. Aber es gibt Lösungen, die auch in engen, bestehenden Strukturen funktionieren.

  • Firestop Compact von Dallmer: Speziell für Renovierungen entwickelt. Passt in beengte Räume, wird ohne Bohren montiert und reduziert die Installationszeit um bis zu 35 Prozent. Laut 15 Nutzerbewertungen auf SHK-Plattformen funktioniert es in 90 Prozent der Fälle.
  • Walraven und OBO Bettermann: Beide Hersteller bieten komplette Systeme mit Prüfzeugnissen. Die Kombination aus Kragen, Dichtung und Montagehilfe macht den Unterschied.
  • MLAR-App des DIBt (Version 2.1): Kostenlos im App Store und Google Play. Eingabe: Rohrdurchmesser, Material, Wandart - und die App sagt dir, welche Lösung zulässig ist. 127 verschiedene Szenarien abgedeckt. Ideal für Handwerker und selbstständige Bauherren.
Ein Tipp: Wenn du mehrere Rohre dicht beieinander führen musst - zum Beispiel Abwasser, Kaltwasser und Heizung - dann musst du sie als Bündel behandeln. Laut Walraven muss dann ein hohlraumfreier Verguss mit formbeständigen, nicht brennbaren Materialien erfolgen. Das erhöht die Arbeitszeit um bis zu 40 Prozent. Aber es ist nötig.

Brand in einem Mehrfamilienhaus, bei dem brandschutztechnische Abschottungen Feuer und Rauch zurückhalten.

Die Zukunft: Digitalisierung und neue Regeln

Der Markt für Brandschutzsysteme im Sanitärbereich wächst - 2023 lag das Volumen in Deutschland bei 287 Millionen Euro. Die großen Anbieter sind Dallmer (28 % Marktanteil), OBO Bettermann (22 %) und Walraven (18 %).

Ab 2024 wird es eine neue Regel geben: Jeder Handwerker, der Brandschutzabschottungen in Sanitärbereichen einbaut, muss einen verpflichtenden Schulungsnachweis vorlegen. Das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen hat das im August 2023 beschlossen. Der Grund: Zu viele Fehler. Zu viele Risiken.

Gleichzeitig wird die Planung digital. 65 Prozent der Handwerksbetriebe nutzen heute digitale Tools wie den Brandschutz-Assistenten von Viega. Der erkennt automatisch, welche Lösung für deine Durchführung passt - und erstellt sogar die Dokumentation. In Zukunft soll Blockchain die Nachweise sichern - unveränderlich, nachprüfbar, 30 Jahre lang.

Was du jetzt tun solltest

Bevor du mit dem Badumbau beginnst:

  1. Planung vor dem Bohren: Zeichne auf, wo Rohre durch Decken und Wände führen. Notiere Durchmesser und Material.
  2. Prüfe die MLAR-App: Gib die Daten ein - sie sagt dir, was du brauchst.
  3. Wähle zertifizierte Systeme: Nur Produkte mit Prüfzeichen und Verwendbarkeitsnachweis verwenden. Keine Baumarkt-Schaumstoffe!
  4. Verlange Dokumentation: Jede Abschottung muss mit einem Etikett versehen sein. Behalte die Unterlagen - 30 Jahre lang.
  5. Arbeite mit einem SHK-Fachbetrieb: Wer die MLAR kennt, weiß, wie man es richtig macht. Die Kosten für eine korrekte Installation sind höher - aber die Nachbesserungskosten sind höher.
Ein falsch installierter Rohrdurchgang kostet nicht nur Geld - er gefährdet Leben. In einem Brandfall zählt jede Minute. Und wenn die Wand nicht hält, weil ein Rohr nicht richtig abgedichtet wurde, dann zählt auch keine Sekunde mehr.

Muss ich bei jedem Rohrdurchgang eine Brandschutzabschottung einbauen?

Ja - wenn das Rohr durch ein Bauteil führt, das eine vorgeschriebene Feuerwiderstandsdauer hat, wie Wände oder Decken zwischen Wohnungen, Treppenhäusern oder Brandabschnitten. Das gilt für alle Rohre: Kaltwasser, Warmwasser, Abwasser, Heizung. Ausnahmen gibt es nur für elektrische Leitungen bis 50 mm Durchmesser oder dichtgepackte Kabelbündel - aber auch da muss der Hohlraum mit nicht brennbarem Material ausgefüllt sein.

Kann ich eine Abschottung nachträglich einbauen, ohne die Fliesen zu entfernen?

Manchmal - aber nur bei kleinen Durchführungen (bis 50 mm) und mit speziellen Systemen wie dem Dallmer Firestop Compact. Diese werden von oben oder von der Seite eingeführt und erfordern keine großflächige Öffnung. Bei größeren Rohren oder wenn die Abschottung bereits beschädigt ist, ist ein Aufschneiden der Decke oder Wand meist unumgänglich. Wer spart, zahlt später doppelt.

Welche Materialien sind für Brandschutzabschottungen zugelassen?

Nur Materialien, die den Anforderungen der MLAR und DIN 4102 entsprechen: Mineralfasern mit Schmelztemperatur ≥ 1.000 °C, aufschäumende Brandschutzmassen mit Zulassung, formstabile Kragen aus keramischen oder mineralischen Verbundstoffen. Alles andere - auch „feuerhemmender“ Schaum aus dem Baumarkt - ist nicht zugelassen und verletzt die Bauordnung.

Wie teuer ist eine korrekte Brandschutzabschottung?

Eine kleine Durchführung mit aufschäumender Dichtmasse kostet zwischen 50 und 80 Euro an Material. Ein Brandschutzkragen für ein 110-mm-Abwasserrohr liegt bei 120-180 Euro. Die Arbeitszeit beträgt 45-90 Minuten pro Stelle. Das klingt viel - aber eine fehlerhafte Installation, die das Bauamt beanstandet, kostet durchschnittlich 320 Euro Nachbesserung. Und das Risiko eines Brandes ist nicht mit Geld zu bezahlen.

Was passiert, wenn ich keine Abschottung einbaue?

Das Bauamt weist die Installation ab - du bekommst keine Abnahme. Du darfst das Bad nicht nutzen, bis alles korrigiert ist. Bei einem Brand kann die Versicherung die Schadenszahlung verweigern, wenn nachgewiesen wird, dass die Brandschutzvorschriften ignoriert wurden. Und im schlimmsten Fall: Menschen sterben, weil Rauch durch eine unsichere Rohrdurchführung in andere Wohnungen gelangt.