Schnittstellenplanung bei Heizung, Elektro und Sanitär im Bestand: So vermeiden Sie teure Baufehler

Stellen Sie sich vor: Sie sanieren Ihr Altbauwohnhaus, setzen eine moderne Fußbodenheizung ein, verlegen neue Elektrokabel und tauschen die alte Sanitärleitung aus. Alles läuft nach Plan - oder doch nicht? Plötzlich stößt das Heizrohr auf ein Elektrokabel, das mitten im Estrich verlegt wurde. Der Estrichleger kann nicht mehr arbeiten. Der Bodenbelag wird ungleichmäßig warm. Die Kosten schießen in die Höhe. Und die Baustelle steht still. Das ist kein Einzelfall. Schnittstellenplanung ist der entscheidende Faktor, der zwischen einer reibungslosen Sanierung und einem finanziellen Desaster unterscheidet.

Was ist Schnittstellenplanung wirklich?

Schnittstellenplanung bedeutet nicht, dass alle Handwerker nur ihre eigenen Aufgaben erledigen. Es bedeutet, dass sie gemeinsam planen - bevor der erste Bohrer ansetzt. Bei Neubauten ist das einfacher: Die Wände stehen noch nicht, die Decken sind leer, die Unterlagen sind aktuell. Im Bestand ist alles anders. Alte Rohre liegen versteckt unter Putz, Elektroleitungen wurden 1972 einfach durch die Decke gezogen, und niemand hat aufgeschrieben, wo genau. Die Schnittstelle ist der Punkt, an dem zwei Gewerke aufeinandertreffen: Wo das Heizungsrohr unter dem Estrich verläuft, wo das Elektrokabel durch den Wandhohlraum führt, wo die Sanitärleitung unter dem Boden liegt. Wenn diese Punkte nicht vorher abgestimmt werden, kollidieren sie - und dann wird’s teuer.

Der Bundesverband Flächenheizungen und Flächenkühlungen sagt es klar: Mindestens 70 Prozent aller Probleme bei Flächenheizungen in Altbauten entstehen durch fehlende Schnittstellenkoordination. Das ist keine Vermutung. Das ist die Erfahrung von Handwerkern, die jeden Tag in diesen Häusern arbeiten. Es geht nicht um Schuldzuweisungen. Es geht darum, dass Heizung, Elektro und Sanitär von Anfang an im gleichen Plan arbeiten - mit denselben Maßen, denselben Höhen, denselben Verlegewegen.

Warum ist das im Bestand so viel schwieriger?

Im Neubau haben Sie ein leeres Blatt. Im Bestand haben Sie ein Puzzle, dessen Teile nicht mehr passen. Die alten Wände sind nicht waagerecht. Die Deckenhöhe ist ungleich. Die Bodenplatte ist nicht ausreichend gedämmt. Die Rohre aus Blei oder Asbest liegen noch unter dem Estrich - und niemand weiß genau, wo. Die Bestandsunterlagen, die Sie vom Vorbesitzer bekommen haben, sind oft unvollständig, veraltet oder einfach falsch. Eine Studie der Hochschule München aus 2023 zeigt: In 68 Prozent der Sanierungsprojekte führen ungenaue oder fehlende Unterlagen zu Planungsfehlern. Das ist die Hauptursache für Verzögerungen und Kostenüberschreitungen.

Und dann kommt noch die Technik dazu. Eine Wärmepumpe braucht eine niedrigere Vorlauftemperatur als ein alter Gasboiler. Das bedeutet: Die Heizflächen müssen größer werden. Das heißt: Mehr Rohre im Estrich. Das heißt: Dickerer Estrich. Das heißt: Höhere Deckenlast. Das heißt: Die Elektroinstallation muss höher liegen, damit sie nicht unter dem Rohr verläuft. Und der Bodenbelag? Der muss auch noch mit der Wärme umgehen können. Ein Natursteinboden hat andere Anforderungen als ein Laminat. Alles hängt zusammen. Und wenn Sie das nicht vorher durchrechnen, wird’s chaotisch.

Welche Gewerke sind beteiligt?

Es ist nicht nur Heizung, Elektro und Sanitär. Es sind mindestens sieben Gewerke, die sich an einem Tisch treffen müssen:

  • Architekt oder Bauherr (der die Vision hat)
  • Heizungs- und Sanitärplaner (mit den Rohrplänen)
  • Elektroplaner (mit den Kabelkanälen und Steckdosen)
  • Estrichleger (der die Dicke und den Aufbau bestimmt)
  • Bodenleger (der den Belag verlegt und die Wärmeleitfähigkeit kennt)
  • Trockenbauer (wenn Wände verändert werden)
  • Gegebenenfalls der Bausachverständige oder Energieberater

Ein Beispiel aus der Praxis: Ein Heizungsbauer aus Salzburg hat 2024 ein Altbauwohnhaus aus den 1950er Jahren saniert. Die Elektroinstallation war bereits im Estrich verlegt - ohne Rücksicht auf die Heizrohre. Als die Heizungsbauer die Rohre verlegen wollten, stießen sie auf Kabelkanäle, die nicht auf dem Plan standen. Sie mussten den Estrich wieder aufbrechen, die Kabel neu verlegen - und die Heizrohre umplanen. Die Kosten: 8.200 Euro mehr als geplant. Die Verzögerung: drei Wochen. Das alles hätte man mit einem einzigen Koordinationsgespräch vermeiden können.

Ein Heizungsrohr kollidiert mit einem Elektrokabel, das Funken sprüht, während ein BIM-Modell die korrekte Verlegung zeigt.

Wie läuft eine erfolgreiche Schnittstellenplanung ab?

Es gibt keinen Zaubertrick. Aber es gibt einen klaren Prozess. Hier ist, wie es funktioniert:

  1. Bestandsaufnahme mit 3D-Scan: Nicht mit Maßband. Mit einem Laserscanner. Der erfasst jede Unebenheit, jede Delle, jedes Rohr. Das ist heute Standard bei professionellen Sanierungen. Der Scan wird als digitales Modell gespeichert.
  2. Einmaliges Planungstreffen: Alle Gewerke kommen zusammen - vor der Baustelleneinrichtung. Der Architekt zeigt die Vision. Der Elektroplaner zeigt, wo die Steckdosen und Lichtschalter liegen. Der Heizungsbauer sagt, wo die Heizkreise verlaufen sollen. Der Estrichleger sagt, wie dick der Estrich werden muss. Keiner redet allein. Alle sehen denselben Plan.
  3. BIM-Planung nutzen: BIM bedeutet Building Information Modeling. Es ist kein Luxus. Es ist die Grundlage. In einem 3D-Modell sehen Sie, wo sich Rohre und Kabel kreuzen - noch bevor gebaut wird. Sie können die Höhen anpassen, die Rohre verschieben, die Kabelkanäle neu planen. Das spart Zeit und Geld.
  4. Fugenplan erstellen: Bei Flächenheizungen ist das Pflicht nach DIN 18560-2. Der Fugenplan zeigt, wo die Estrichfugen gesetzt werden müssen, damit der Boden nicht reißt. Der Plan muss mit dem Heizungsbauer, dem Estrichleger und dem Bodenleger abgestimmt sein. Sonst entstehen Risse - und das ist nicht nur unschön, das ist auch ein Wärmeverlust.
  5. Verantwortlichkeiten festlegen: Wer macht was? Wer prüft, ob die Kabelkanäle nicht in die Heizrohre hineinragen? Wer stellt sicher, dass der Estrich die richtige Dicke hat? Das muss schriftlich festgehalten werden. Keine mündlichen Absprachen.

Ein Planungsbüro aus München hat 2024 eine Umfrage unter 120 Planern durchgeführt. Die Ergebnisse: Wer diesen Prozess einhält, reduziert die Bauzeit um durchschnittlich 18 Prozent und die Kosten um 15 bis 25 Prozent. Das ist kein kleiner Erfolg. Das ist eine Revolution.

Was passiert, wenn Sie es nicht machen?

Sie denken: „Wir haben das schon oft gemacht. Wir schaffen das schon.“ Dann passiert das:

  • Das Heizungsrohr liegt genau dort, wo die Elektrokabel verlaufen - und wird beim Bohren beschädigt. Wasser läuft in die Wand. Strom ist gefährdet.
  • Der Estrich ist zu dünn, weil der Heizungsbauer nicht mit dem Bodenleger gesprochen hat. Die Fußbodenheizung kann nicht richtig abgeben. Die Räume bleiben kalt. Die Wärmepumpe läuft ständig auf Vollast - und die Stromrechnung explodiert.
  • Die Sanitärleitung wird zu tief verlegt. Später will der neue Besitzer eine Dusche einbauen - aber das Rohr steht im Weg. Jetzt muss die gesamte Sanitärinstallation aufgebrochen werden.
  • Der Bodenbelag ist nicht für Flächenheizung geeignet. Er reißt, verzieht sich, wird rutschig. Die Versicherung zahlt nicht - weil die Planung nicht ordnungsgemäß war.

Das sind keine Hypothesen. Das sind reale Fälle, die in Foren wie heizung.de und haustechnikdialog.de tausendfach dokumentiert sind. 87 Prozent der befragten Handwerker berichteten 2024 von Problemen durch fehlende Koordination. Das ist kein Zufall. Das ist Systemfehler.

Querschnitt eines Bodens mit versteckten Leitungen, die in einer digitalen Planung perfekt abgestimmt sind, im Vergleich zur chaotischen Realität.

Welche Regeln und Normen gelten?

Es gibt keine Gesetze, die Sie zwingen, Schnittstellenplanung zu machen. Aber es gibt Normen, die Sie verpflichten, sie richtig zu machen.

  • DIN 18560-2: Gilt für Flächenheizungen. Schreibt vor, dass ein Fugenplan erstellt werden muss - und dass dieser mit allen Gewerken abgestimmt sein muss.
  • Merkeblatt FBH-M2 (März 2024): Der Bundesverband Flächenheizungen hat dieses Merkblatt aktualisiert. Es enthält neue Anforderungen für Wärmepumpen im Bestand - besonders für die Dimensionierung von Umwälzpumpen und Ausdehnungsgefäßen.
  • GEG (Gebäudeenergiegesetz): Ab 2025 müssen Sanierungen einen bestimmten energetischen Standard erreichen. Das geht nur mit einer sorgfältigen Planung. Eine schlecht geplante Heizung verbraucht mehr Energie - und verletzt das Gesetz.
  • Muster-Schnittstellenkatalog der Architektenkammer Bayern: Das ist kein Gesetz, aber eine praktische Orientierungshilfe. Er listet alle möglichen Schnittstellen auf - von der Decke bis zum Boden. Jeder Planer sollte ihn kennen.

Und die Zukunft? BIM wird immer wichtiger. Die ift-Studie aus 2024 zeigt: 42 Prozent der Planungsbüros haben 2023/2024 auf BIM umgestellt. Das ist ein Anstieg von 18 Prozent innerhalb eines Jahres. Die Technik ist da. Die Software ist da. Die Schulungen gibt es. Die Frage ist nur: Wer nutzt sie?

Was können Sie als Bauherr tun?

Sie sind nicht der Fachmann. Aber Sie sind der Auftraggeber. Und Sie zahlen die Rechnung. Hier ist, was Sie tun müssen:

  • Fordern Sie ein Koordinationsgespräch ein. Nicht als „wenn es passt“. Sondern als Voraussetzung für den Baubeginn. Schreiben Sie es in den Auftrag.
  • Verlangen Sie den 3D-Scan. Fragen Sie: „Haben Sie den Bestand gescannt? Kann ich das Modell sehen?“ Wenn die Antwort nein ist, suchen Sie einen anderen Planer.
  • Prüfen Sie den Fugenplan. Ist er da? Ist er mit allen Gewerken abgestimmt? Ist er unterschrieben?
  • Frage nach BIM. Wenn der Planer sagt: „Wir machen das mit CAD“, dann ist das nicht ausreichend. BIM ist der Standard für moderne Sanierungen.
  • Vermeiden Sie den „Billig-Angebot“-Fall. Ein Heizungsbauer, der 20 Prozent günstiger ist als andere, hat oft nicht die Kapazität für eine professionelle Schnittstellenplanung. Das spart kurzfristig Geld - und kostet langfristig Tausende.

Die Wahrheit ist einfach: Wer Schnittstellenplanung vernachlässigt, spart nicht. Er investiert in Chaos. Wer sie macht, spart Zeit, Geld und Nerven. Und das ist der einzige Weg, um ein Altbauwohnhaus modern, warm und dauerhaft zu sanieren.

Was ist mit Wärmepumpen?

Wärmepumpen sind der Schlüssel zur Energieeinsparung. Aber sie sind auch der größte Risikofaktor bei der Schnittstellenplanung. Warum? Weil sie eine niedrigere Vorlauftemperatur brauchen. Das bedeutet: Die Heizflächen müssen größer sein. Das bedeutet: Mehr Rohre im Estrich. Das bedeutet: Dickerer Estrich. Das bedeutet: Höhere Lasten auf den Boden. Und das bedeutet: Die Elektroinstallation muss höher liegen. Und der Bodenbelag muss wärmeleitfähig sein.

Ein Beispiel: Ein Haus in Salzburg wurde 2024 mit einer Luft-Wasser-Wärmepumpe ausgestattet. Der Heizungsbauer hat die Rohre so verlegt, wie er es aus dem Neubau kannte. Der Estrichleger hat 5 cm Estrich aufgebracht - wie früher. Der Bodenleger hat Laminat verlegt - ohne zu prüfen, ob es für Flächenheizung geeignet ist. Das Ergebnis: Die Räume wurden nicht warm. Die Wärmepumpe lief 18 Stunden am Tag. Die Stromrechnung war höher als mit dem alten Gasheizkessel. Warum? Weil die Vorlauftemperatur zu hoch war - weil die Heizfläche zu klein war - weil die Isolierung nicht abgestimmt war. Alles wegen fehlender Koordination.

Die neue Version des Merkblatts FBH-M2 aus März 2024 enthält spezifische Anforderungen für Wärmepumpen im Bestand. Sie müssen die hydraulische Berechnung neu machen. Sie müssen die Rohrverlegung anpassen. Sie müssen die Dämmung prüfen. Und Sie müssen den Bodenbelag prüfen. Das ist kein „kann man machen“. Das ist „muss man machen“.

Ist Schnittstellenplanung im Bestand gesetzlich vorgeschrieben?

Nein, es gibt kein Gesetz, das Sie zwingt, eine Schnittstellenplanung durchzuführen. Aber es gibt Normen wie DIN 18560-2 und das GEG, die verlangen, dass Sanierungen energieeffizient und sicher ausgeführt werden. Eine fehlende Koordination führt oft zu Verstößen gegen diese Vorschriften - und das kann zu Strafen, Versicherungsleistungsverweigerungen oder Rückbaukosten führen. Wer nicht plant, handelt nicht legal.

Kann ich die Schnittstellenplanung selbst machen?

Nein. Schnittstellenplanung erfordert Fachwissen in Heizung, Elektro, Sanitär, Estrich und Bodenbelag. Selbst wenn Sie ein handwerklich begabter Laie sind: Sie kennen nicht die Normen, die Materialgrenzen oder die hydraulischen Berechnungen. Ein falsch berechneter Verlegeabstand der Heizrohre kann zu Rissen im Estrich führen. Ein falsch dimensionierter Umwälzpumpe kann die Wärmepumpe beschädigen. Das ist kein DIY-Projekt. Das ist ein Fachjob - und er muss von einem Experten gemacht werden.

Wie viel kostet eine professionelle Schnittstellenplanung?

Die Kosten liegen zwischen 1,5 und 3 Prozent der gesamten Sanierungskosten. Bei einer Sanierung mit 100.000 Euro liegt das also zwischen 1.500 und 3.000 Euro. Das klingt viel - aber im Vergleich zu einem einzigen Baufehler, der 10.000 bis 20.000 Euro kostet, ist das eine Investition. Die meisten Projekte, die mit professioneller Koordination durchgeführt wurden, haben die Kosten um 15 bis 25 Prozent gesenkt - und die Bauzeit verkürzt.

Was ist der Unterschied zwischen BIM und CAD?

CAD ist eine 2D-Zeichnung. Sie zeigt eine Ansicht - von oben. BIM ist ein 3D-Modell mit Daten. In BIM sehen Sie nicht nur, wo das Rohr liegt, sondern auch, aus welchem Material es ist, wie dick es ist, welcher Druck darin herrscht, und ob es mit einem Kabel kollidiert. BIM erlaubt automatische Konfliktprüfungen. CAD nicht. In der modernen Sanierung ist BIM kein Bonus - es ist die Mindestanforderung.

Warum ist die Schnittstellenplanung im Bestand so viel komplexer als im Neubau?

Weil im Bestand alles ungewiss ist. Die Wände sind nicht gerade. Die Deckenhöhe ist unterschiedlich. Die Rohre sind nicht dokumentiert. Die Tragfähigkeit des Bodens ist unbekannt. Im Neubau haben Sie ein leeres Grundstück. Im Bestand haben Sie ein verstecktes Labyrinth. Jedes Gewerk muss sich an etwas anpassen, das nicht auf dem Plan steht. Das macht die Planung komplexer - und deshalb auch notwendiger.

Welche Fehler passieren am häufigsten?

Die häufigsten Fehler sind: 1) Kein 3D-Scan - nur alte Pläne. 2) Kein gemeinsames Planungstreffen. 3) Fugenplan fehlt oder ist nicht abgestimmt. 4) Elektrokabel werden im Estrich verlegt, ohne auf Heizrohre zu achten. 5) Bodenbelag wird gewählt, ohne die Wärmeleitfähigkeit zu prüfen. 6) Wärmepumpe wird installiert, ohne die hydraulische Berechnung anzupassen. Diese Fehler sind vermeidbar - wenn man plant.