Was ist ein Nießbrauchrecht?
Ein Nießbrauchrecht ist ein dingliches Recht, das jemandem das Recht gibt, eine Immobilie zu nutzen und davon zu profitieren - ohne Eigentümer zu werden. Der Eigentümer behält das Nackteigentum, während der Nießbraucher das Haus oder die Wohnung bewohnen, vermieten oder die Erträge nutzen darf. Das Recht ist im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) in den §§ 1030 bis 1068 geregelt und wird im Grundbuch eingetragen, damit es rechtlich bindend ist.
Diese Form der Nutzung wird oft bei der Übergabe von Immobilien an die nächste Generation verwendet. Ein Elternteil überträgt das Haus an seine Kinder, behält aber das Recht, darin zu wohnen und die Miete einzusammeln - bis er stirbt oder das Recht endet. Auch bei der Immobilienverrentung im Alter ist es eine beliebte Lösung: Senioren verkaufen ihre Wohnung, behalten aber das Nießbrauchrecht und erhalten dadurch monatliche Einkünfte.
Wie wird ein Nießbrauchrecht eingetragen?
Die Eintragung ist kein einfacher Papierkram. Sie erfordert einen notariell beurkundeten Vertrag und eine formelle Eintragung im Grundbuch. Der Prozess läuft in drei Schritten ab:
- Vertrag erstellen: Ein Notar erstellt einen Vertrag, der genau festlegt, wer der Nießbraucher ist, welche Immobilie betroffen ist, wie lange das Recht gilt (meist bis zum Tod) und welche Rechte und Pflichten bestehen.
- Notarielle Beurkundung: Gemäß § 873 BGB muss die Eintragung notariell beurkundet werden. Beide Parteien - Eigentümer und Nießbraucher - müssen persönlich erscheinen und den Vertrag unterschreiben. Der Notar prüft die Identitäten, erklärt die Rechtsfolgen und stellt sicher, dass alles rechtlich korrekt ist.
- Eintragung im Grundbuch: Der Notar leitet den Vertrag an das zuständige Grundbuchamt weiter. Dort wird das Nießbrauchrecht als Last im Grundbuch eingetragen. Die Eintragung ist erst wirksam, wenn sie dort steht.
Die Dauer liegt zwischen zwei und vier Wochen. Seit 2025 wird der Prozess durch das neue elektronische Grundbuch (eGB) etwas schneller, aber in vielen Regionen dauert es immer noch länger als erwartet - besonders bei hohen Nachfragen.
Wie werden die Kosten berechnet?
Die Kosten für die Eintragung eines Nießbrauchrechts hängen nicht vom Wert der Immobilie ab, sondern vom Kapitalwert des Nießbrauchs. Dieser Wert wird mit einer Formel berechnet:
Kapitalwert = Jahreswert × Kapitalwert-Faktor
Der Jahreswert ist der geschätzte jährliche Nutzen - also etwa die Miete, die man aus der Immobilie ziehen könnte. Der Kapitalwert-Faktor hängt vom Alter und Geschlecht des Nießbrauchers ab und wird vom Bundesministerium der Finanzen festgelegt. Hier ein Beispiel:
- Ein 75-Jähriger bekommt einen Faktor von 9,5. Bei einem Jahreswert von 10.000 Euro ergibt das einen Kapitalwert von 95.000 Euro.
- Ein 60-Jähriger bekommt einen Faktor von 14,0. Bei gleichem Jahreswert ergibt das 140.000 Euro.
Je jünger der Nießbraucher, desto höher der Kapitalwert - und damit auch die Kosten. Das liegt daran, dass das Recht länger besteht und somit mehr wert ist.
Was kostet die Eintragung konkret?
Die Gesamtkosten setzen sich aus Notargebühren und Grundbuchgebühren zusammen. Beide werden prozentual vom Kapitalwert berechnet. Laut aktuellen Daten liegt der Gesamtbetrag typischerweise zwischen 1 und 2 Prozent des Kapitalwerts.
Bei einem Kapitalwert von 100.000 Euro bedeutet das:
- Notarkosten: ca. 1.500-1.800 Euro
- Grundbuchkosten: ca. 800-1.200 Euro
- Gesamt: 2.300-3.000 Euro
Die genauen Gebühren richten sich nach dem GNotKG (Gesetz über Kosten der freiwilligen Gerichtsbarkeit). Die Notargebühr beträgt 2,0-Gebühr nach Nr. 21100 GNotKG - das ist ein Standardwert für die Bestellung eines Nießbrauchs.
Die Kosten können je nach Bundesland und Grundbuchamt leicht variieren. In München oder Frankfurt sind sie oft höher als in ländlichen Regionen. Die durchschnittlichen Gesamtkosten liegen aktuell bei 1,4 % des Kapitalwerts.
Wer zahlt die Kosten?
Die Frage, wer die Kosten trägt, ist nicht gesetzlich festgelegt - sie wird im Vertrag vereinbart. In der Praxis gibt es zwei übliche Modelle:
- Der Nießbraucher zahlt: Wenn er das Recht aktiv erwirbt - etwa bei einer Immobilienverrentung - übernimmt er oft die Kosten.
- Der Eigentümer zahlt: Bei Schenkungen an Kinder oder Enkel übernimmt der Schenker meist die Kosten. Das ist in der Familienplanung häufig der Fall, um die Steuerlast zu senken.
Es ist wichtig, das im Vertrag klar zu regeln. Sonst entstehen später Streitigkeiten. Einige Notare empfehlen, die Kosten zu teilen - besonders wenn beide Parteien vom Vertrag profitieren.
Wer trägt die Instandhaltungskosten?
Die gesetzliche Regelung ist klar: Der Nießbraucher zahlt die gewöhnlichen Kosten, der Eigentümer die außerordentlichen.
Der Nießbraucher zahlt:
- Grundsteuer
- Kommunale Abgaben (z. B. Straßenreinigung)
- Schornsteinfeger
- Normale Reparaturen (z. B. Farbe, Dichtungen, Heizkörperreparatur)
- Versicherungsbeiträge (Haftpflicht, Feuer)
Der Eigentümer zahlt:
- Neues Dach
- Neue Heizung
- Sanierung der Fassade
- Grundlegende Renovierung (z. B. neue Fenster, Vollsanierung)
Doch Vorsicht: Diese Regelung kann im Vertrag abgeändert werden. Viele Verträge legen fest, dass der Nießbraucher auch größere Reparaturen übernimmt - besonders bei älteren Immobilien. Das ist riskant: Wer nicht aufpasst, läuft Gefahr, plötzlich für eine neue Heizung zahlen zu müssen, obwohl er nur eine kleine Wohnung nutzt.
Steuerliche Vorteile und Nachteile
Das Nießbrauchrecht ist ein beliebtes Werkzeug zur Steueroptimierung - besonders bei Schenkungen.
Wenn Eltern ein Haus an ihre Kinder verschenken, aber das Nießbrauchrecht behalten, wird das Finanzamt nicht den vollen Wert der Immobilie besteuern. Es zieht den Wert des Nießbrauchs ab. Je höher der Kapitalwert des Nießbrauchs, desto niedriger der steuerpflichtige Schenkungswert.
Beispiel: Eine Immobilie ist 500.000 Euro wert. Der Nießbrauch hat einen Kapitalwert von 140.000 Euro. Dann wird nur der Rest von 360.000 Euro als Schenkung gewertet. Bei einem Freibetrag von 400.000 Euro pro Kind fällt keine Schenkungsteuer an.
Der Nießbraucher muss aber die Mieteinnahmen versteuern - und kann dafür Werbungskosten absetzen: Grundsteuer, Versicherung, Reparaturen, Schornsteinfeger. Der Eigentümer hingegen kann keine Kosten als Werbungskosten geltend machen, weil er keine Einnahmen hat. Das ist ein großer Unterschied zum Wohnrecht, bei dem der Nutzer keine Miete zahlt und auch keine Einkünfte versteuern muss.
Was ist der Unterschied zwischen Nießbrauch und Wohnrecht?
Beide Rechte erlauben das Nutzen einer Immobilie - aber mit entscheidenden Unterschieden:
- Nießbrauchrecht: Erlaubt Nutzung und Erträge (z. B. Mieteinnahmen). Kann vererbt oder veräußert werden (mit Zustimmung). Längerfristig, oft lebenslang.
- Wohnrecht: Erlaubt nur das Wohnen. Keine Vermietung, keine Einkünfte. Kann nicht vererbt werden. Ist oft zeitlich begrenzt (z. B. 10 Jahre).
Wohnrecht ist einfacher und günstiger zu registrieren - aber viel weniger flexibel. Nießbrauchrecht ist komplexer, aber bietet mehr wirtschaftliche Freiheit. Wer das Recht als Altersvorsorge nutzt, sollte sich für Nießbrauch entscheiden. Wer nur sicherstellen will, dass ein Angehöriger weiterwohnen kann, ist mit Wohnrecht besser bedient.
Was ist bei der Vertragsgestaltung wichtig?
Die meisten Streitigkeiten entstehen nicht durch das Gesetz - sondern durch schlecht formulierte Verträge.
Wichtigste Punkte, die im Vertrag klar geregelt sein müssen:
- Wer zahlt was? Klare Aufteilung der Instandhaltungskosten - nicht nur gesetzlich, sondern konkret beschrieben.
- Wann endet das Recht? Lebzeit? Bis zum Tod? Oder bis zu einem bestimmten Datum?
- Veräußerung oder Beleihung? Der Nießbraucher darf die Immobilie nicht verkaufen oder verpfänden - aber er kann sie mit Zustimmung des Eigentümers beleihen. Diese Zustimmung muss im Vertrag geregelt werden.
- Übergabeprotokoll: Ein detaillierter Zustandsbericht der Immobilie beim Vertragsabschluss verhindert späteren Streit über Schäden.
Die Deutsche Notarvereinigung weist darauf hin, dass 37 % aller Streitfälle auf unklare Instandhaltungsregelungen zurückzuführen sind. Ein guter Notar hilft dabei, diese Fallen zu vermeiden.
Was ist mit dem neuen elektronischen Grundbuch?
Ab Januar 2025 wird das elektronische Grundbuch (eGB) bundesweit eingeführt. Das bedeutet:
- Kürzere Bearbeitungszeiten: Von 22 auf etwa 15 Tage.
- Weniger Papier: Alle Dokumente werden digital übermittelt.
- Leichtere Nachverfolgung: Sie können den Stand Ihrer Eintragung online einsehen.
Die Kosten werden voraussichtlich um 0,2 Prozentpunkte sinken. Aber: Das eGB ersetzt nicht den Notar. Die Beurkundung bleibt Pflicht. Und: Es gibt immer noch Betrüger, die "kostenlose Nießbrauchverträge" im Internet anbieten. Der Verbraucherzentrale Bundesverband fand im ersten Halbjahr 2024, dass 23 % dieser Verträge rechtlich ungültig waren. Nur ein Notar kann sicherstellen, dass alles rechtskräftig ist.
Wie wird die Immobilie bewertet?
Beim Nießbrauchrecht muss die Immobilie bewertet werden - nicht nur für die Kosten, sondern auch für das Finanzamt. Dafür gibt es drei Methoden:
- Vergleichswertmethode: Vergleich mit ähnlichen Immobilien, die kürzlich verkauft wurden.
- Ertragswertmethode: Berechnung anhand der erwarteten Mieteinnahmen - hier wird der Nießbrauchswert als Belastung abgezogen.
- Sachwertmethode: Berechnung der Herstellungskosten des Gebäudes - ebenfalls abzüglich des Nießbrauchrechts.
Die Deutsche Gesellschaft für Immobilienwirtschaft empfiehlt, einen zertifizierten Sachverständigen hinzuzuziehen. Fehler bei der Bewertung können zu hohen Steuernachzahlungen führen - und das kostet viel mehr als ein guter Gutachter.
Wie lange hält das Nießbrauchrecht?
Es endet normalerweise mit dem Tod des Nießbrauchers. Das ist die häufigste Regelung. Es kann aber auch zeitlich begrenzt sein - etwa auf 10 oder 20 Jahre. Das ist seltener, aber möglich, wenn es um eine vorübergehende Lösung geht.
Wichtig: Das Recht ist nicht vererblich. Wenn der Nießbraucher stirbt, fällt es weg - es geht nicht an seine Kinder. Der Eigentümer erhält das volle Eigentum zurück.
Wie wird das Nießbrauchrecht wieder gelöscht?
Wenn das Recht endet - etwa durch Tod des Nießbrauchers - muss es aus dem Grundbuch gelöscht werden. Das geschieht durch einen Antrag des Eigentümers. Die Kosten dafür sind gering: nur 25 Euro. Diese trägt der Eigentümer.
Die Löschung ist wichtig. Wenn sie nicht erfolgt, kann sie später zu Problemen führen - etwa bei einem Verkauf. Käufer prüfen das Grundbuch genau. Ein altes, nicht gelöschtes Nießbrauchrecht könnte den Verkauf blockieren.
Was passiert, wenn die Immobilie verkauft wird?
Der Nießbrauch bleibt bestehen - auch wenn der Eigentümer wechselt. Der neue Eigentümer tritt automatisch in die Rechte und Pflichten des alten Eigentümers ein. Der Nießbraucher kann weiterhin wohnen und nutzen. Das ist ein wichtiger Schutz für ihn.
Der Käufer muss das Nießbrauchrecht im Grundbuch sehen - und akzeptieren. Er kann nicht einfach sagen: "Ich will das nicht." Es ist eine dingliche Last, die an der Immobilie haftet - nicht am Eigentümer.
Wann macht ein Nießbrauchrecht Sinn?
Ein Nießbrauchrecht ist sinnvoll, wenn:
- Sie Ihr Haus an Ihre Kinder übertragen wollen, aber weiterhin darin wohnen möchten.
- Sie im Alter eine sichere Einkommensquelle brauchen - und Ihre Immobilie verrenten wollen.
- Sie Steuern sparen möchten, indem Sie die Schenkungswerte reduzieren.
- Sie eine Immobilie behalten wollen, aber nicht mehr selbst verwalten.
Es ist weniger sinnvoll, wenn:
- Sie nur eine Wohnung für einen Angehörigen bereitstellen wollen - dann ist Wohnrecht einfacher.
- Sie nicht bereit sind, die Instandhaltungskosten zu klären - das führt zu Streit.
- Sie denken, Sie könnten das Recht ohne Notar abschließen - das ist illegal und riskant.
Frequently Asked Questions
Kann ich ein Nießbrauchrecht ohne Notar eintragen?
Nein. Nach § 873 BGB ist die notarielle Beurkundung zwingend erforderlich. Jeder Versuch, ein Nießbrauchrecht ohne Notar zu erstellen, ist rechtlich unwirksam. Selbst wenn beide Parteien unterschreiben, bleibt das Recht nicht im Grundbuch eingetragen - und ist somit nicht durchsetzbar.
Kann ich das Nießbrauchrecht verkaufen?
Nur mit Zustimmung des Eigentümers. Das Nießbrauchrecht ist kein vollständiges Eigentum - es ist ein beschränktes Recht. Sie können es nicht einfach an Dritte übertragen. Der Eigentümer kann die Zustimmung verweigern - und das ist rechtlich zulässig. In seltenen Fällen wird das Recht jedoch vererbbar vereinbart - das muss aber ausdrücklich im Vertrag stehen.
Was passiert, wenn der Nießbraucher seine Mieteinnahmen nicht versteuert?
Das Finanzamt kann Nachzahlungen, Zinsen und Bußgelder verlangen. Mieteinnahmen aus einem Nießbrauchrecht sind steuerpflichtig. Wer sie nicht angibt, riskiert eine Steuerprüfung. Wer die Kosten (Grundsteuer, Versicherung, Reparaturen) absetzen kann, sollte sie genau dokumentieren - das senkt die Steuerlast.
Ist ein Nießbrauchrecht besser als eine Lebensrente?
Beides ist eine Form der Immobilienverrentung. Bei einer Lebensrente erhalten Sie monatliche Zahlungen von einem Versicherer - und geben die Immobilie ab. Beim Nießbrauchrecht behalten Sie die Immobilie, zahlen aber Miete an sich selbst - und können sie vererben, wenn das Recht endet. Nießbrauch ist flexibler, aber komplexer. Lebensrente ist einfacher, aber endgültig.
Wie lange dauert es, bis das Nießbrauchrecht im Grundbuch steht?
Im Durchschnitt 22 Werkstage. Seit Einführung des elektronischen Grundbuchs (eGB) ab Januar 2025 wird die Dauer auf etwa 15 Tage sinken. In manchen Bundesländern mit personellen Engpässen kann es aber länger dauern - besonders in Großstädten. Planen Sie mindestens sechs Wochen ein.
Kann ich das Nießbrauchrecht widerrufen?
Nein. Ein einmal eingetragenes Nießbrauchrecht ist bindend und kann nicht einfach widerrufen werden - außer durch Einigung mit dem Eigentümer und Löschung im Grundbuch. Das ist nur möglich, wenn beide Parteien zustimmen. Es gibt keine gesetzliche Widerrufsfrist wie bei Verbraucherverträgen.