Was sind Mietnomaden wirklich?
Mietnomaden sind keine einfachen Mieter, die mal in Zahlungsverzug geraten. Sie kommen mit einem Plan: Sie unterschreiben einen Mietvertrag, ziehen ein, zahlen nicht - und verschwinden, oft mit schweren Schäden an der Wohnung. Die meisten von ihnen nutzen gefälschte Gehaltsnachweise, positive Schufa-Auskünfte oder falsche Referenzen, um den Vermieter zu täuschen. Es ist kein Zufall, dass sie ausgerechnet in Städten mit hohen Mieten und knappem Angebot auftauchen - dort ist die Nachfrage nach Wohnraum so groß, dass viele Vermieter zu schnell entscheiden.
Ein echter Mietnomade denkt nicht an eine langfristige Mietbeziehung. Er plant den Schaden von Anfang an. Nach sechs bis zwölf Monaten ist die Wohnung meist verwüstet: Die Einbauküche fehlt, die Fliesen im Bad sind herausgebrochen, der Boden ist beschädigt, und die Mietrückstände summieren sich auf mehrere tausend Euro. Manche ziehen sogar mit Möbeln ab, die nicht ihnen gehören - etwa aus dem Vermieter-Mietvertrag stammende Einrichtung.
Warum ist das Problem so schwer zu bekämpfen?
Die Rechtslage ist klar: Wer mit betrügerischer Absicht einen Mietvertrag abschließt, begeht nach § 263 StGB Eingehungsbetrug. Das kann bis zu fünf Jahre Gefängnis bedeuten. Doch das Problem liegt nicht im Gesetz - sondern in der Durchsetzung.
Ein Räumungsverfahren dauert durchschnittlich neun bis fünfzehn Monate. In dieser Zeit zahlt der Mieter nichts, die Wohnung steht leer, und der Vermieter zahlt weiterhin Steuern, Versicherungen und eventuell eine Hypothek. Die Kosten für Anwälte, Gerichtsgebühren und den Gerichtsvollzieher addieren sich schnell auf 8.000 bis 12.000 Euro - zusätzlich zu den ausstehenden Mieten. Viele private Vermieter geben auf, weil sie sich das nicht leisten können.
Und dann gibt es noch die Zahlen: Während Haus & Grund von 15.000 Fällen pro Jahr spricht, zählt der Mieterbund nur 1.000. Warum? Weil die meisten Fälle nie gemeldet werden. Die Vermieter schämen sich, fühlen sich betrogen, oder denken, es sei nicht lohnend, rechtlich vorzugehen. Das macht das Phänomen unsichtbar - und damit noch gefährlicher.
Wie erkennt man einen Mietnomaden vor dem Einzug?
Es gibt keine 100%-ige Sicherheit - aber es gibt klare Warnsignale. Wer nur drei Dinge prüft, reduziert das Risiko dramatisch.
- Mindestens drei Gehaltsabrechnungen aus den letzten sechs Monaten - nicht nur eine Bescheinigung vom Arbeitgeber. Ein echter Arbeitgeber gibt keine solche Bescheinigung ohne Lohnabrechnung. Wenn der Mieter nur eine „Bestätigung“ vorlegt, ist das ein rotes Licht.
- Die Schufa-Auskunft einholen - und zwar mit Einwilligung des Mieters. Keine Auskunft? Kein Vertrag. Ein Mieter, der sich weigert, seine Schufa zu prüfen, hat etwas zu verbergen. Die meisten Mietnomaden haben negative Einträge - oder gar keine, weil sie mit gefälschten Daten arbeiten.
- Den vorherigen Vermieter anrufen. Nicht die Referenzen, die der Mieter mitbringt. Sondern den echten Vermieter aus der letzten Wohnung. Frag nach: „Hatte er Zahlungsprobleme? Hat er die Wohnung in Ordnung hinterlassen?“ Wenn der Mieter sagt: „Er ist nicht mehr erreichbar“, ist das ein Warnsignal.
Dazu kommt: Ein persönliches Treffen vor Ort. Wer nur per Video-Call besichtigt, läuft Gefahr, sich täuschen zu lassen. Ein echter Mieter kommt gerne persönlich. Ein Mietnomade sucht nach Anonymität.
Was tun, wenn der Mieter nicht zahlt?
Wenn die Miete nach zwei Monaten nicht gezahlt wurde, ist der Vermieter nach § 543 BGB berechtigt, fristlos zu kündigen. Aber: Kündigen ist nicht genug. Die Kündigung muss schriftlich, per Einschreiben und mit korrekter Formulierung erfolgen - sonst ist sie rechtlich ungültig.
Ab dem dritten Monat ohne Zahlung sollte man einen Anwalt für Mietrecht einschalten. Ein formeller Mahnbescheid oder ein Antrag auf Zahlungsvergleich bringt oft nichts - Mietnomaden ignorieren das. Der nächste Schritt ist die Räumungsklage. Doch hier kommt die große Hürde: Die Gerichte sind überlastet. In Berlin oder München kann es bis zu 15 Monate dauern, bis ein Urteil vorliegt.
In dieser Zeit ist die Wohnung verloren. Die Reparaturen laufen weiter. Die Kosten steigen. Deshalb: Dokumentieren, dokumentieren, dokumentieren. Fotos vom Zustand vor dem Einzug, alle Mahnungen, alle Gespräche, alle E-Mails. Jeder Schritt muss nachweisbar sein. Ein Gericht braucht Beweise - keine Aussagen.
Wie schützt man sich mit Versicherungen und Dienstleistungen?
Es gibt keine Wunderwaffe - aber es gibt Werkzeuge, die das Risiko reduzieren.
- Mietnomadenversicherung: Anbieter wie Allianz oder AXA bieten Versicherungen an, die bis zu 25.000 Euro Schadensersatz zahlen - inklusive Räumungskosten und Renovierung. Die Prämie liegt zwischen 120 und 350 Euro pro Jahr. Die Selbstbeteiligung beträgt meist 10-15%. Wichtig: Nur Verträge mit klaren Leistungsbedingungen abschließen. Einige Versicherungen zahlen nicht, wenn keine Schufa-Auskunft vorlag.
- Professionelles Mieterscreening: Dienste wie MieterCheck24 oder SecureRent prüfen in 2-3 Tagen Einkommen, Schufa, Strafregister und Referenzen. Die Kosten: 49 bis 89 Euro pro Prüfung. Für einen Vermieter mit mehreren Wohnungen lohnt sich das doppelt - denn ein einziger Mietnomaden-Fall kostet im Schnitt 18.000 Euro.
- Gewerbezentralregister prüfen: Wenn der Mieter selbstständig ist, sollte man im Gewerbezentralregister nachschauen, ob er insolvent ist oder offene Forderungen hat. Viele Mietnomaden nutzen gefälschte Selbstständigkeit als Tarnung.
Wichtig: Niemand kann 100% Sicherheit garantieren. Wer „100%-iger Schutz vor Mietnomaden“ verspricht, lügt. Das ist rechtlich unmöglich. Aber: Wer systematisch prüft, reduziert das Risiko um bis zu 90%.
Was ändert sich 2025? Neue digitale Lösungen
Seit Anfang 2024 testet die Bundesregierung eine zentrale Mieterschutzdatei. In dieser Datenbank sollen Vermieter Mieter eintragen können, die bereits als Mietnomaden aufgefallen sind - mit Zustimmung des Betroffenen und unter strengen Datenschutzregeln. Ziel: Ein Mieter, der in München betrogen hat, kann nicht einfach nach Hamburg ziehen und neu anfangen.
Ähnlich erfolgreich ist das niederländische Modell: Seit 2020 gibt es dort ein nationales Register. Die Zahl der Mietnomaden-Fälle sank um 35%. Deutschland könnte das genauso nutzen - wenn die politische Bereitschaft da ist.
Ein weiterer Trend: Die Inflation von 2022 bis 2023 hat die Zahl der Fälle um 12,7% steigen lassen. Wer heute unter Druck steht, ist anfälliger für Betrug - entweder als Mieter, der sich etwas „besorgen“ will, oder als Vermieter, der zu schnell einen Mieter akzeptiert, nur um die Wohnung nicht leerstehen zu lassen.
Was tun, wenn man schon betrogen wurde?
Erstens: Bleiben Sie ruhig. Panik hilft nicht. Zweitens: Sammeln Sie alle Unterlagen - Mietvertrag, Mahnungen, Fotos, Bankauszüge, Kommunikation. Drittens: Suchen Sie einen Anwalt für Mietrecht. Viele Anwälte bieten erste Beratung günstig an.
Vielleicht können Sie Strafanzeige stellen - besonders wenn die Wohnung schwer beschädigt wurde oder Einbauten gestohlen wurden. Das ist nicht nur eine zivilrechtliche Angelegenheit - es ist ein Straftatbestand. Die Polizei kann ermitteln, ob es sich um organisierten Betrug handelt.
Und viertens: Teilen Sie Ihre Erfahrung. In Foren wie ImmobilienScout24 oder Reddit berichten viele Vermieter von ihren Fällen. Diese Erfahrungen helfen anderen, Fehler zu vermeiden. Sie machen das Problem sichtbar - und das ist der erste Schritt zur Lösung.
Was Sie nicht tun sollten
- Nicht auf „freundliche“ Mieter vertrauen, die nur wenig Papierkram wollen. Das ist kein Zeichen von Ehrlichkeit - sondern von Vorbereitung.
- Nicht über Kleinanzeigen vermieten, wenn Sie keine professionelle Prüfung durchführen. Die meisten Mietnomaden suchen dort - weil es leicht ist.
- Nicht diskriminieren. Wer aus Angst vor Mietnomaden nur Deutsche oder „gute“ Namen auswählt, verstößt gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Das Risiko ist nicht ethnisch, sondern verhaltensbasiert. Prüfen Sie das Verhalten - nicht die Herkunft.
Fazit: Vorsicht ist besser als Trauer
Mietnomaden sind selten - aber sie sind zerstörerisch. Ein einziger Fall kann ein ganzes Jahr Einkommen vernichten. Wer sich auf Vertrauen verlässt, zahlt den Preis. Wer systematisch prüft, bleibt sicher.
Ein professionelles Screening kostet 80 Euro. Eine Versicherung 250 Euro pro Jahr. Ein Räumungsverfahren kostet 18.000 Euro. Die Rechnung ist einfach: Investieren Sie vor dem Einzug - nicht danach.
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